Zum achten Mal verwandelte sich am Wochenende der Flugplatz Borkenberge bei Lüdinghausen in einen Treffpunkt für eingefleischte Rockmusik-Fans. Die großen Namen fehlten beim diesjährigen Area4-Festival zwar. Dafür gab es für die rund 16.000 Besucher von Freitag bis Sonntag viel zu entdecken, wiederzufinden und Bekanntes neu aufzuspüren.
Bei der festivaltypischen Jahrmarktstimmung mit Bungee-Turm, Kirmesbuden und kulinarischer Massenverpflegung war auf der Hauptbühne und im großen Musikzelt Dauerbeschallung mit rund 50 Bands angesagt. Letzteres gestaltete sich verstärkt zur Plattform von weniger etablierten Bands und dem ein oder anderen Geheimtipp.
Entdecker stießen dort am Festival-Samstag etwa auf das Alternative-Rock-Trio „We Are Augustines“ um Sänger und Gitarrist Billy McCarthy, der mit chronisch heiserer Stimme eine schweißtreibende Show abliefert. Was im übrigen auch für die Akteure vor der Bühne galt: Die Menge tanzte bei 30 Grad in der prallen Sonne. Drei Tage lang. Eine reife Leistung.
Alte Hasen dagegen waren die ganzkörpertätowierten New Yorker von „Agnostic Front“, die sich auf der Hauptbühne durch ihr Set mit einer Mischung aus Hardcore und old-schooligem Punk knüppelten. Die Hardcore-Institution „Sick of It All“ wurde für den Sonntag ebenfalls aus der Ostküsten-Metropole eingeflogen, um dem Publikum in Schrei-Manier ernsthafte Themen rund ums harte Leben in Queens um die Ohren zu brüllen.
Auffallend stark vertreten war an allen drei Tagen Musik aus deutschen Landen. Neben etablierten Bands wie den „Donots“, den Sportfreunden Stiller und den „Beatsteaks“ gab es musikalische Vielfalt etwa mit der Thüringischen Metalcore-Combo „Heaven Shall Burn“, den Indie-Rockern „Kilians“ und den Hamburger Jungs von Kettcar. Deutsch-Rapper Casper, dem im vergangenen Jahr der große Durchbruch gelang, gehörte auch dazu. Mit seinem Album „Xoxo“ erklomm der gebürtige Bielefelder 2011 die Spitze der Album-Charts. Nicht verwunderlich also, dass es für die Massen vor der Hauptbühne eine Reim-Breitseite gab – unterlegt mit kraftvollen Gitarrenriffs.
Zu den musikalischen Schwergewichten zählten beim Area4 am Freitag ohne Frage „Social Distortion“. Bewährt schnoddrig nuschelnd am Mikro: Mike Ness mit einem modisch fragwürdigen Anker-Tattoo am linken Auge. Souverän navigiert er sich und seine drei Mitmusiker durch ein verhältnismäßig langes Punkrock-Set. 90 Minuten gab es das Quartett aus Orange County bei Soloauftritten so gut wie nie zu sehen. Neben aktuellen Nummern hatten es, wie gewohnt, viele Klassiker ins Set geschafft: „The Story of My Life“ zum Beispiel, „Sick Boy“ oder das Johnny-Cash-Cover von „Ring of Fire“. Die Fans waren aus dem Häuschen.
Noch mehr Stimmung brachten am Folgetag „The Gaslight Anthem“ mit erdigem Rock ’n‘ Roll auf das Flugplatz-Gelände. Das war bluesig, mal laut, aber immer strotzend vor Melodien. Die hatten auch „The Subways“ im Gepäck – und „The Wombats“. Die Liverpooler Indie-Rocker setzen in ihren Songs auf den ausgiebigen Einsatz von Synthesizern und reihten einen Ohrwurm an den anderen.
(erschienen am 20.08.2012 im Westfälischen Anzeiger)