Es gibt Bands, die sind für die große Bühne geschaffen. Bei den Berliner Jungs von Seeed trifft das nicht nur in musikalischer Hinsicht zu, sondern hat nebenbei auch logistische Gründe. Elf ruhelose Musiker auf eine Club-Bühne zu packen, kann ganz schön eng werden. Beim Auftritt in der vollbesetzten Oberhausener Arena hat die Reggae- und Dancehall-Combo allerdings genug Platz für ausschweifende Tanzeinlagen und Choreografien – und nutzt das gnadenlos aus.

Wer auf ein Seeed-Konzert geht, braucht vor allem eines: Kondition. Und Peter Fox, neben Boundzound und Dellé einer der drei Frontmänner, gibt auch gleich die Marschrichtung vor: „Morgen ist ein freier Tag. Wir haben gute Laune und geben alles!“ Besonders schwer haben es die Berliner allerdings nicht. In Oberhausen treffen sie auf ein durchweg enthusiastisches Publikum mit unbändigem Tanzwillen – das hat die Arena selten gesehen und verlangt der Band vollen Körpereinsatz ab.

Die Musiker manövrieren sich mit professionellen Fingerfertigkeiten durch ein abwechslungsreiches Set. Über Genre-Grenzen fliegen Seeed rücksichtslos hinweg und mischen ihren Reggae-Mutterboden mit harten Rock-Riffs, mit Trompeten und Saxophon unterlegtem Blues und auch mit Danceund Techno-Elementen. Da wird relaxt gegroovt in „Walk Upright“, ordentlich gescratcht in „Music Monks“ mit seinen spacigen Computertönen und in „Beautiful“ fleißig an der Ohrwurm-Schraube gedreht. Die Mischung stimmt. Nicht zuletzt, weil sich ältere Nummern wie „Release“ (2003) und „Ding“ (2005) immer wieder mit Material vom soeben erschienen vierten Album der Band, das sich nahtlos ins Schaffen der Berliner Elf einreiht, abwechselt.

„Augenbling“ ist eine der neuen Nummern mit eindeutiger Aufforderung zum Hüftkreisen und Armeschwingen. Schlechte Laune hat bei Seeed keine Chance. Ein wenig Augenklimpern und schon ist alle Trübsal vergessen. Die uneingeschränkt positive Grundstimmung der Seeed-Songs schwappt in Windeseile aufs Publikum über. Da geht es zum Beispiel um Berlin, Seeeds Heimat. Wie etwa im ersten großen Hit der Band, „Dickes B“, einer Liebeserklärung an die deutsche Party-Hauptstadt. Oder aber in „Schwarz zu Blau“, einer ursprünglichen Peter- Fox-Solonummer, die die Metropole „von der dunklen Seite des Mondes betrachtet“, ihr aber auch in der von Sonderlingen und Dreck beherrschten Nacht eine ganz eigene Schönheit abgewinnt.

Aus dem 2008 erschienenen Soloalbum des 41-jährigen Fox bedient sich die Band gerne, macht aus Liedern wie „Alles neu“ und „Schüttel deinen Speck“ aber ganz eigene Seeed-Versionen. Aus letzterem erwächst ein Tanz-Wettkampf dreier Zuschauerinnen, die auf der Bühne ihr Können zeigen sollen. Die Zuschauer stimmen ab – und können sich nicht entscheiden. Das war nicht übel. Am Ende gibt es zwei Siegerinnen, ein Trompeten-Solo als Dank und T-Shirts zur Erinnerung.

Musikalischer Höhepunkt des Abends ist allerdings das mit seinem pumpenden Electro-Beat an Deichkind erinnernde „Seeeds Haus“. Die Musiker legen die Instrumente beiseite und werden zu Animateuren, um den Fans einzuheizen. Die Begeisterung erreicht ihren Höhepunkt. „Der Ruhrpott ist leer, das Einkaufszentrum ist zu. Alle sind hier!“ stellt Peter Fox fest.