Sieben Jahre lang war Robbie Williams nicht mehr auf Tour. Bei seiner Rückkehr auf die Bühne greift der 39-jährige Brite tief in die Kiste mit den Spezialeffekten und liefert in der Gelsenkirchener Arena „Auf Schalke“ eine bombastische Bühnenshow mit einer Extraportion Egozentrik ab, glänzt mit viel Humor und versorgt die Zuhörer mit allerlei derben Sprüchen. Nur eines hat er vergessen: eine vernünftige Setlist.
Dabei fängt alles so eindrucksvoll an: Unter dem Jubel der Fans fährt Robbie Williams im Glitzer-Frack aus dem Kopf seines überdimensionalen Konterfeis im Bühnenhintergrund empor, rund zwanzig Meter über dem Stadionboden. Dann segelt er an einer Seilkonstruktion befestigt, die Arme ausgebreitet wie ein Prediger, gen Erde zu seinen Jüngern. 50.000 sind nach Gelsenkirchen gepilgert und schier aus dem Häuschen, noch ehe die erste Strophe ins Mikro wandert.
„Die nächsten zwei Stunden gehört euer Arsch mir!“ verspricht Williams, und in der ersten Halbzeit überschlagen sich die Höhepunkte förmlich. Mit „Let Me Entertain You“ legt er los, reckt seinen Hintern ins Publikum und vollführt kopulierende Bewegungen auf dem Bühnenboden. Nach nicht einmal einer Viertelstunde schießen bei „Not Like the Others“ glitzernde Girlanden in die Höhe, die als Lametta-Regen in die Menge säuseln, während sich der schelmisch grinsende Sänger in die Hose greift und selbstverliebt mit der Kamera kokettiert. Eine silberne, drei Meter große Williams-Büste fährt von der Bühnenseite über den Laufsteg hinein in den Innenraum. Die Schädeldecke geht auf und Luftballons tanzen in Richtung Hallendecke.
Bei „Kids“ wird Robbie Williams von Olly Murs unterstützt, der schon im Vorprogramm Schalker Bühnenluft geschnuppert hat. Unter dem rifflastigen Beat der Nummer fechten die beiden mit ihren Mikrofonständern, dann umarmen sie sich. Murs erhält einen Klaps auf den Hintern. Dann geht’s weiter, die nächste Büste bitte. Diesmal von der anderen Seite und noch größer. Bei „Bodies“ schießen Feuerfontänen daraus hervor. Nebel schnaubend fährt das Ungetüm auf den Steg und zeigt den Fans die Zunge. Die 20-jährige Mia steht bei „Strong“ im Mittelpunkt. Williams hat sie aus dem Publikum geholt, weil ihm ihre sekundären Geschlechtsmerkmale gefielen, erklärt er.
Danach verliert der Auftritt an Fahrt. Wer so viel Pulver verschießt, braucht einen großen Vorrat, und der muss erst wieder aufgeladen werden. Der Brite nimmt das Tempo raus, setzt auf Akustikeinlagen. Diese fangen mit „Millennium“ vielversprechend an, wirken am Ende aber lieblos aneinander gereiht. „Candy“ ist lange nicht so stark wie viele andere Williams-Hits, die der Sänger an diesem Abend ausspart, und „Hot Fudge“ mit Ausschnitten des unsäglichen „Rudebox“ hätte sich der Frauenschwarm sowieso sparen können. Die fürchterliche Akustik erledigt den Rest.
In der Verlängerung passt dann wieder alles: Bei „Rock DJ“, dem letzten Song des regulären Sets, dienen drei weitere Robbie-Büsten als Discokugeln. Zu Beginn der drei Zugaben, dem Balladen-Trio „Feel“, „She’s the One“ und „Angels“, kommt Williams im Mund einer seiner imposanten Gesichtsmodelle sitzend in die Halle gefahren, während sich der Kopf im Licht immer wieder in einen Totenschädel verwandelt. In den Refrains kommt ordentlich Gänsehautstimmung auf, noch mehr ganz am Ende als Robbie Williams ganz alleine und nur mit dem Publikum die letzten Zeilen anstimmt. So geht es also auch.