DÜSSELDORF – Bombastisch könnte es werden – das lässt zumindest die riesige Bühne vermuten, die ultragroße Leinwand dahinter und die vier Treppen, die auf eine zweite Etage führen. Wer schon zum Einlass auf das Pharrell-Williams-Konzert im Düsseldorfer ISS-Dome gekommen ist, hat dreieinhalb Stunden lang Zeit, zu rätseln, welch imposante Show der 41-jährige Shooting Star in der Rheinmetropole abfeuern wird. Aber es kommt ganz anders.
Unter ekstatischem Geschrei tritt der scheinbar einem Jungbrunnen entstiegene Künstler um kurz nach zehn ins Scheinwerferlicht. Mit dem Riesenhut, den zerschlissenen Jeans und den roten Designer-Boots könnte er zuvor noch für Karl Lagerfeld über einen Pariser Laufsteg spaziert sein. Kein Wunder eigentlich, ist der Tausendsassa doch neben seinen Tätigkeiten als Sänger und Produzent auch als Designer tätig. Umsäumt wird er von den fünf Tänzerinnen der Combo „The Baes“, die schon zu Beginn eifrig übers Parkett fegen.
Und das ist dann schon das einzig glamouröse, spektakuläre, verrückte an diesem Abend. Pharrell Williams offenbart sich als bodenständiger und demütiger Typ, der ein wenig schüchtern und immer sympathisch ohne viel Tamtam durchs Programm reitet, dabei artig ins Publikum winkt und sich regelmäßig und tief vor seinen Fans verbeugt. Ihnen, so wird er nicht müde zu erzählen, habe er all seinen Erfolg zu verdanken – eine im Showbiz oft bediente Floskel, die man dem US-Amerikaner nur zu gerne abnimmt, obwohl er schwer mit Goldkettchen behangen durchaus das überhebliche Ghetto-Rapper-Klischee bedient.
Vor allem die Frauen haben es ihm angetan. Mit einem leichten Hang zur Penetranz propagiert er nimmermüde die holde Weiblichkeit und fordert die Damen dieser Welt auf, nicht gleichförmig und angepasst, sondern anders zu sein – um dann aber trotzdem die „Baes“ so ihre Hintern wackeln zu lassen, dass den Männern im Rund ob des dargebotenen Befruchtungstanzes fast die Augen aus den Höhlen springen.
Schlüssig ist das mit seinem Feminismus nicht, genauso wenig wie das Konzept der Show. In mageren 80 Minuten rollt Pharrell Williams in der vollbesetzten Halle einen Flickenteppich vor seinen Fans aus, der zwar durchweg unterhält, dem es aber an Stringenz fehlt, einem roten Faden, der einen Spannungsbogen schlägt, der die Zuhörer in seinen Bann zieht und ihn am Schluss schweißgebadet und von Glücksgefühlen durchzuckt aus der Halle torkeln lässt.
Vielversprechend geht es los, funky mit „Come Get It Bae“, gefolgt von der cheesigen R&B-Nummer „Frontin'“. Spätestens beim Tanzflächen-Killer „Hunter“ ist der Falsett-Fetischist bei den Bee Gees angekommen, während „Marylin Monroe“ eine Ballade im dramatischen Uptempo-Gewand ist. Die Bühne bleibt aufgeräumt, die vierköpfige Band plus die beiden Background-Sängerinnen müssen reichen. Ein paar Lichter flimmern, und zum Ende gibt’s auch bunte Pixel-Männchen die über den Bildschirm hampeln.
Dann kommen ein paar Stücke, bei denen Williams als Produzent oder Mitmusiker unterstützend involviert war, Nellys „Hot in Herre“ etwa, „Hollaback Girl“ von Gwen Stefani oder „Blurred Lines“ von Robin Thicke, das es im vergangenen Jahr nicht nur in Deutschland an die Spitze der Charts schaffte. „Das sind ein paar Nummern, mit denen ich zu tun hatte. Dank Euch konnte ich das machen. Jetzt will ich die Vergangenheit mit Euch teilen“, sagt er dazu und wühlt kurz darauf im angestaubten N.E.R.D.-Koffer, um aus der frühen Schaffenszeit seiner Funk-Rock-Combo „Rockstar“, „Lapdance“ und „She Wants to Move“ hervorzukramen. Dabei wird er von seinem rappenden Kumpanen Shay Haley unterstützt und von einer Horde zunächst männlicher, dann weiblicher Fans, die hinauf auf die Bühne und mittanzen dürfen, um sich abschließend Handschläge beziehungsweise Küsschen vom Star abzuholen.
Die beiden Songs, auf die alle gewartet haben, sind erst zum Schluss dran: „Get Lucky“ vom französischen Elektro-Duo „Daft Punk“, dem Pharrell Williams seine Stimme spendiert, ist der Abschluss des regulären Sets. Kassenschlager „Happy“ kommt als letzte Zugabe. Beide Songs hätten dem Set an früherer Stelle sicher gut getan. Heimlicher Höhepunkt und Sinnbild des Abends aber ist kurz vor Schluss das relaxte „Gust of Wind“. Wie die namensgebende Windböe ist Pharrell Williams‘ Gig vorbeigerauscht, angenehm, aber ohne viel Eindruck zu hinterlassen. Ein netter Abend.