Rihanna / Köln / 26.6.2013
Rihanna ist eine Wundertüte. Immer für einen kleinen Skandal zu haben, lässt sich die Sängerin aus Barbados bei ihren Konzerten gerne viel Zeit, bevor sie endlich die Bühne betritt. Hat es anderenorts schon mehr als drei Stunden Wartezeit gegeben, müssen die rund 16000 Fans beim ersten von zwei ausverkauften Konzerten in der Kölner Lanxess-Arena nur mickrige 15 Minuten ausharren. Dann geht das Licht aus, die Diva-Show beginnt auf der überdimensionalen Bühne.
Überraschend züchtig geht es mit „Mother Mary“ los. Rihanna hockt in ein dunkles Gewand gehüllt auf dem Boden, nur von einem gelben Spot beleuchtet und blickt ehrfürchtig gen Hallendecke, während sie die Worte herauspresst und der Zuschauerraum vom Licht der hochgereckten Handykameras blau durchflutet wird.
Es ist nur ein kurzes Verwirrspiel, das eigentliche Spektakel startet mit „Phresh out the Runway“ textlich aber vor allem optisch mit purer Dekadenz. Antike Säulen aus Pappmaschee begrenzen die Bühne, die einem kleinen Amphitheater ähnelt. Tänzerinnen imitieren stocksteif Heldenstatuen. Die Band spielt sich warm, da fährt Rihanna in goldbesetzter Montur und kniehohen Stiefeln aus dem Boden empor und macht, was die Besucher von ihr erwarten. Unter dem schrillen Kreischen der Fans schreitet sie nach vorne, lässt die Hüften kreisen und greift sich immer wieder in den Schritt, spitzt dabei die Zunge und vollführt betörende Augenaufschläge. Die Tänzerinnen folgen ihr mit einer der vielen einstudierten Choreografien.
In fünf Akte hat Rihanna ihren Auftritt unterteilt. Nach jedem einzelnen steht eine Pause an, in der sich die Künstlerin in ein neues knappes Kostüm wirft. Die Band springt ein, einmal mit ausschweifendem Gitarren-Gegniedel, ein anderes mal mit pumpenden Beats und psychedelischen Bildern auf den massiven Großleinwänden.
Dancehall und Reggae stehen im zweiten Akt auf dem Programm, ein angenehm überraschender Schritt weg vom ansonsten massenkompatiblen Sound der Sängerin. Diesmal in weißen Over-Knees, versprüht die 25-Jährige bei „Man Down“ mit viel insulanischem Akzent karibisches Flair. Inhaltlich dagegen geht es duster zu: Der Song handelt vom geplagten Wissen eines Mörders, der einen tödlichen Schuss abgefeuert hat. Im folgenden sehr persönlichen „No Love Allowed“ setzt sich der organische Sound fort. Wieder geht es um Mord, diesmal im übertragenen Sinn: eine zerstörte Liebe.
Zum Ende hin verstärkt sich die Hitdichte. Vor allem im fünften Akt verwandelt sich die Arena mit Songs wie „S&M“, „Only Girl (In the World)“ und „Don’t Stop the Music“, die zusammen in ein Medley verpackt werden, in eine Großraumdisko.
Unter großem Jubel hat Rihanna zuvor ihren wohl größten Hit „Umbrella“ gesungen, ebenso das mit harten Beats unterlegte „Rude Boy“ und das groovige „What’s My Name“.
Angesichts der zahlreichen Top-Ten-Hits, die Rihannas bereits sieben Alben umfassende Karriere durchziehen, schaffen es natürlich nicht alle Erfolgsnummern ins Programm. Trotzdem ist es schade, dass Songs wie „Love the Way You Lie (Part II)“ oder „Take a Bow“ nur in arg verkürzter Form in Medleys gezwängt und Songs wie „Unfaithful“ und „Disturbia“ erst gar nicht angespielt werden.
Ein wenig mehr Zeit hätte sich die Sängerin schließlich nehmen können. Nach rund 100 routinierten Minuten inklusive Texthaspler und der Suche nach Fan-Nähe im Bühnengraben ist Schluss in der Arena. Ohne die Zwischenspiele der Band hat die Sängerin eine Nettospielzeit von nicht einmal 90 Minuten abgeliefert. Etwas mager für einen Weltstar. Aber immerhin entschädigen die Zugaben ein wenig: Mit „Stay“ und „Diamonds“ macht sie ihre vornehmlich weibliche Fan-Schar glücklich.