Elvis Costello / Düsseldorf / 21.7.2013
Die Düsseldorfer Tonhalle ist ein beeindruckendes Konzerthaus, der große Saal aber eine überschaubare Angelegenheit. Und dann kommt Elvis Costello, ein vielfach ausgezeichneter Musiker mit einer gehörigen Portion Weltruhm. Passt nicht? Passt wunderbar. So gut, dass es den Briten nicht nur auf der Bühne hält, sondern er bei heimeliger Atmosphäre sogar durch die bestuhlten Reihen schlendert.
Selten sind die Fans dem Sänger so nahe gewesen wie bei „She“. Charles Aznavours Klassiker läutet eine Phase der stillen Klänge ein. Bedächtig schreitet der Sänger begleitet vom Piano über die Bühne, dann verlässt er die kleine Auftrittsfläche, wandert durch die Halle und kokettiert mit den Damen. Costellos 1999er Version, die er für den Soundtrack der Komödie „Notting Hill“ aufnahm, ist fester Bestandteil seiner Konzerte und sorgt für gebanntes Lauschen im Publikum.
Beim sich anschließenden „Almost Blue“ vom 1982er Album „Imperial Bedroom“ nimmt Costello gar auf einem freien Sitz Platz und singt zwischen schmachtenden Blicken weiter, schüttelt Hände und spaziert lächelnd nach vorne. Die folgende Programmgestaltung ist frei. „Steve, spiel was!“ ruft Costello dem Keyboarder seiner Band, den Imposters, zu. Steve Nieve beginnt zu klimpern, und Elvis Costello dreht im Schmuseton beinahe noch eine Runde durch die Tonhalle.
Gar nicht bedächtig hat das Konzert zuvor begonnen: Feinen Rock liefert Costello mit „Everyday I Write a Book“ ab, bei „Watching the Detectives“ ist der Reggae-Grundton unverkennbar. „Poor Napoleon“ steigert sich dramatisch, und „Green Shirt“ wird von bedrohlich klingenden Trommeln begleitet. Und dann gibt’s auch noch eine Menge Blues und nicht weniger viel Rock n‘ Roll. Ein feines Paket hat der 58-Jährige da geschnürt.
„Oliver’s Army“ könnte ein Extrakt der 50er oder 60er Jahre sein und fühlt sich wie eine Roy-Orbison-Nummer mit etwas Buddy Holly an. Nach den ersten Klängen gibt es Szenenapplaus. Auf die Nummer, die erfolgreichste in Costellos Karriere, scheinen die meisten Zuhörer gewartet zu haben. Der Einstieg riecht stark nach Piano-Ballade, dann aber entwickelt sich der Song schön schmissig.
Zurückhaltend gehen Costello und seine drei Bandmitglieder bei „I Want You“ zu Werke, dann dringt der schwere Blues durch, ehe Costello mit roboterhaften Bewegungen in ein Gitarrensolo übergeht und zeigt, wie beanspruchbar der Vibratohebel an seinem Instrument ist. Zum Ende der über zehnminütigen Version kommt das ekstatische Pianospiel von Steve Nieve dazu. Ein grandioser Abschluss des regulären Sets. Die Zuhörer stehen mittlerweile, und das tun sie noch lange.
Denn Costello macht keine Anstalten, das Konzert zu beenden. Nach kurzer Verschnaufpause kommt er für weitere neun Songs zurück auf die Bühne – und läuft zur Höchstform auf. Countrylastig gestalten sich die ersten Nummern. Costello mit umgeschnallter Akustikgitarre beginnt mit „A Slow Drag With Josephine“ und entführt in die amerikanischen Südstaaten des frühen 20. Jahrhunderts. „Suit of Lights“ ist stilsicherer Country-Rock, „Jimmie Standing in the Rain“ versprüht Liedermacher-Qualität.
Groß ist die Freude der Fans schließlich bei „Alison“ vom 1977er Debütalbum „My Aim Is True“. Die Ballade lädt zum Mitsingen ein, und genau das machen die Zuhörer beim Refrain ganz gefühlvoll. Ein schöner Moment.