Bruce Springsteen / Mönchengladbach / 5.7.2013
In Zeiten astronomischer Ticketpreise müssen Musiker auf ihren Konzerten schon einiges leisten, um ihren Fans gerecht zu werden. Bruce Springsteen ist einer der wenigen, denen das mühelos gelingt. Auch im Mönchengladbacher Borussia-Park schüttelt er über drei Stunden lang feinsten Stadion-Rock aus seinen hochgekrempelten Ärmeln.
Der 63-Jährige ist ein rastloser Kerl. Stillstehen fällt ihm schwer und gelingt ihm nur bei den rar gesäten ruhigen Stücken wie „Point Blank“, bei dem der Sänger mit geschlossenen Augen ausharrt. Abgesehen davon tigert er umher und feuert gestenreich die E Street Band und die Fans hinter der Absperrung an.
Ihre Nähe sucht er unentwegt, klatscht die Hände ab, lässt die ihm entgegen ragenden Arme über die Saiten seiner Gitarre schrubben und fragt die Menge sogar nach einem Bier. Das leert er ohne abzusetzen, wenn auch die Hälfte auf sein nach nicht einmal zwanzig Minuten ohnehin schon schweißnasses Hemd läuft. Dann rennt Springsteen weiter, küsst zwischendurch die Kamerafrau und holt sich der Reihe nach Damen auf die Bühne. Dem 63-jährigen Künstler aus New Jersey haftete schon immer etwas Rebellisches an, und er ist sich treu darin geblieben, frei von allen Zwängen das zu machen, wonach ihm der Sinn steht. Und so ist jedes Konzert überraschend anders – vor allem, weil jeder Auftritt auch ein kleines Wunschkonzert ist.
Die Fans in den vorderen Reihen kennen das und sind vorbereitet: Sie haben mit Song-Titeln beschriftete Kartons dabei, die sie in die Luft recken. Immer wieder kommt Springsteen runter zu ihnen, pflückt einen der Wünsche aus der Menge, zeigt ihn seiner Band und ab geht’s. Das eingängige „Mary’s Place“ gehört in Mönchengladbach ebenso zu den geforderten Songs wie das grandiose „Rosalita (Come Out Tonight)“.
Auch für ein paar Cover ist der 63-Jährige immer gut zu haben: Beim Open-Air-Auftritt in Mönchengladbach sind es zum Beispiel die Songs „Trapped“ von Jimmy Cliff, das bereits 1985 als Live-Version auf der Benefiz-Platte „We Are the World“ erschien, „Shake, Rattle & Roll“ des Blues-Sängers Big Joe Turner und natürlich „Because the Night“, das durch Patti Smith weltberühmt wurde, eigentlich aber aus Springsteens Feder stammt.
Die meisten Songs des Abends sind dem aktuellen Album, „Wrecking Ball“ entlehnt, der insgesamt 17. Langspielplatte. Da wäre etwa der gleichnamige Titelsong, das mit Violine und Akkordeon irisch-folkloristisch angehauchte „Death to My Hometown“ oder „Shackled and Drawn“, bei dem sich fast alle Mitglieder der Band am Bühnenrand versammeln – ein großer Haufen, denn neben der achtköpfigen Stammbesetzung gesellen sich in Mönchengladbach weitere sieben Künstler hinzu. Da wird es selbst auf der großzügig angelegten Bühne rappelvoll.
Mit der geballten Ladung Hits wartet Springsteen bis zum Schluss. „Better Days“ kommt zwar schon recht früh, und nicht viel später schließt sich „Badlands“ an. Nach „Hungry Heart“ dauert es aber bis in die Zugaben hinein, dann folgen mit „Born in the U.S.A.“, „Born to Run“ und „Dancing in the Dark“ drei der wichtigsten Springsteen-Titel Schlag auf Schlag. Beim abschließenden „Rockin‘ All Over the World“ von John Fogerty steht der Rockstar nur noch im Unterhemd auf dem weißen Piano und sieht sich die Massen an: Im Innenraum der mit 37.000 Fans gefüllten Arena wird der Paartanz eröffnet, und Erwachsene tollen herum wie kleine Kinder. Der Eintrittspreis hat sich gelohnt.