Marilyn Manson / Düsseldorf / 29.11.2017
Einen kurzen Stopp hat US-Sänger Marilyn Manson auf seiner Tour in Düsseldorf gemacht. Rund 80 Minuten lang entführt der Künstler in seine ganz eigene, albtraumhafte Welt voller Wut, harter Riffs und großer Melodien.
Er schreit, er keift, er poltert: Die Bühne der Mitsubishi Electric Halle gehört Marilyn Manson, Kunstfigur und Schockrocker. Blass geschminkte Haut, ein roter Klecks, der einem Blutfleck gleicht, ums linke Auge gemalt, Kontaktlinsen, die die Pupillen verfremden, metallischer Zahnschmuck – das sind die Zutaten der gruseligen Bühnenidentität von Brian Warner, wie Manson gebürtig heißt.
Dichter Nebel nimmt die Bühne gefangen, als die ersten schweren Klänge von „Revelation #12“ aus den Boxen donnern. Als sich die Schwaden allmählich verziehen, sehen die rund 6500 Zuhörer Marilyn Manson auf einem Thron sitzen, der auch als Requisite für ein klingonisches Schlachtraumschiff herhalten könnte. Mit Hilfe eines kleinen Sticks dreht der 48-Jährige seinen Stuhl, während er qualvolle Töne in ein Mikrofon presst, das wie ein Schlagring aussieht.
Rechts und links hängen im Hintergrund zwei überdimensionale Deko-Revolver. In Zeiten, in denen in den USA die Stimmen nach einer Verschärfung des Schusswaffengesetzes lauter werden, eine klare Provokation des aus Ohio stammenden Künstlers. Marilyn Manson – das Pseudonym setzt sich aus den Namen von Schauspielerin Marilyn Monroe und des Sektenführers Charles Manson zusammen – will anecken, polarisieren, erschüttern.
Sympathisch zu sein, das ist da eher hinderlich. Aber Manson lädt auch nicht zu einem Besuch in den Streichelzoo ein, sondern verfrachtet die Konzertbesucher in die albtraumhafte Welt einer kaputten Psyche. Der Sänger trägt einen schwarzen Mantel, darunter die Schürze eines Schlächters. Wenn er steht, umklammert er den Mikrofonständer, das Gesicht entweder diffus im Schatten verborgen oder grell im gleißenden Licht zur Schau gestellt.
Die Fans des Künstlers, viele von ihnen ebenfalls düster geschminkt, verehren ihn dennoch, und zwar fast kultisch. Da ist es egal, dass Manson, der vor einiger Zeit bei einem Konzert verunglückte und sich unter anderem eine Verletzung am Bein zuzog, eine Schiene über seiner Hose trägt und damit etwas seiner angsteinflößenden Ausstrahlung verliert – und er sich kaum bewegen kann. Das Problem wird dafür Teil des Programms: Zwei „Pfleger“ betreuen ihn auf der Bühne und werden in die Show eingebunden. Für Bewegung sorgen die drei Musiker an den Saiteninstrumenten der insgesamt vierköpfigen Band. Sie tragen passenderweise unheimliche Masken oder sind schaurig geschminkt.
Zu hören gibt es unter anderem einige neue Stücke des kürzlich erschienenen Albums „Heaven Upside Down“. Sie alle fügen sich in den von Industrial-Einflüssen durchzogenen Hardrock-Stil des Sängers, dem es eindeutig nicht um gesangliche Qualitäten und klare Töne geht, ein. In „Kill4Me“ verwendet Manson in den Strophen Sprechgesang und lässt im Refrain schon fast einen radiotauglichen Ohrwurm entstehen, ehe er mit leidvoller Stimme den Song a capella beschließt.
„We Know Where You Fucking Live“ ist eine krachende Nummer, die damit endet, das Manson im Rollstuhl von der Bühne gefahren wird. Dazu mischen sich Nummern aus der umfangreichen Diskografie des Künstlers, zum Beispiel „Cruci-fiction in Space“ mit einem monoton mäandernden Rhythmus und „Deep Six“, in dem sich harte Riffs und ein schon fast punkiger Chorus abwechseln.
Bei den Klassikern ist die Euphorie der Manson-Anhänger besonders ausgeprägt, etwa beim schleppenden „The Dope Show“, dem assimilierten Eurythmics-Cover „Sweet Dreams (Are Made of This)“ oder aber bei „The Beautiful People“, einem der finanziell erfolgreichsten Songs von Manson und letzte Zugabe des Abends. Nach rund 80 Minuten ist der Spuk in Düsseldorf vorbei.
Kommuniziert hat Marilyn Manson mit dem Publikum in dieser Zeit nur wenig, bleibt abgesehen von immer wiederkehrenden „Deutschländ!“-Rufen distanziert. Zum Abschied haut Marilyn Manson den Mikrofonständer um und lässt sich wortlos von seinen beiden Helferlein von der Bühne schleppen. Das Image muss schließlich gepflegt werden.